Wir stehen um halb sechs auf und wollen zeitig los. Leider wird daraus nichts, da gestern im Laufe des Tages noch viele andere Wanderer in die Hütte kamen und ihre Nassen Sachen in den Trockenraum gehängt haben. Man findet überhaupt nichts mehr. Nach über einer halben Stunde Suche haben wir Socken, Kleidung und Kleinkram zusammen. Die Sachen sehen zumindest dem, was wir gestern aufgehängt hatten, ähnlich. Dass ich zwei verschiedenfarbige Wanderstöcke habe, wird mir erst übermorgen auffallen. Wenigstens ist es aber das gleiche Modell. Wir packen also alles zusammen und richten die Trinkflaschen, was wichtig ist, da über das Schlauchkar bis weit auf die andere Seite hinunter keine Quelle zu finden ist. Die Gipfel um das Karwendelhaus sind weiß verschneit. Es ist recht frisch, aber der Himmel sieht nicht aus als gäbe es in den nächsten Stunden Unwetter. Die Etappe beginnt 10 Meter vor dem Karwendelhaus mit einem kleinen Klettersteig durch die Lawinenverbauungen. Obwohl X vorher noch nie auf einem
Blick Richtung Birkkar
Abstieg ins Isartal
Klettersteig unterwegs war, kommen wir gut durch und marschieren auf einem seicht ansteigenden gut sichtbaren Weg, der sich auch in dem darauffolgenden Geröllfeld nicht verliert, weiter. Ab etwa 2000 Höhenmetern liegt allerdings Neuschnee und der Weg verschwindet darunter. Die an Findlingen angebrachten Wegmarkierungen sind aber noch gut zu sehen. In Serpentinen geht es durch gemischtes Gelände stetig aufwärts, die Berge im Norden schimmern jetzt rötlich und der Himmel färbt sich leicht moosgrün (wie oxidierendes Kupfer). Am Pass halten wir in der Biwackhütte zwischen Birkkarspitze und Mittlerer Ödkarspitze ein improvisiertes Frühstück mit halb gefrorenem Brot. Wir sind die Ersten und genießen die Aussicht über den verschneiten Karwendel. Unten im Tal schieben sich lange Schlangen von Wandereren den Weg hinauf. Der Abstieg über den Stahlseil
Notbiwack im Karwendel
gesicherten Klettersteig ist einfacher und wärmer. Die Sonne scheint in den Südhang und das bisschen Schnee auf den Tritten schmilzt schnell. Nachdem man den Klettersteig hinter sich gebracht hat, folgt ein langer, anstrengender Abstieg zur Kastenalm am Lauf der jungen Isar. Vor der bewirtschafteten Hütte machen wir eine lange Rast. Das Wetter ist inzwischen ausgezeichnet, die Sonne strahlt und am Himmel sind nur noch ein paar kleine Wölkchen. Ein älteres Ehepaar gibt gute Tipps zum Wandern allgemein. Gestärkt brechen wir Richtung Hallangerhaus auf. Der gut ausgebaute Fahrweg führt steil durch einen Wald bergan. Nach 20 Minuten nehmen die Probleme mit Gelenken und Kondition überhand, und wir bauen ein Notbiwak ein Stückchen neben dem Weg an einem kleinen Bach auf. Um uns herum ist alles voller (Kuh?)Fladen. Damit uns nachts niemand das Zelt ein trampelt, stapeln wir Äste um die Abspannleinen. Die Sonne ist nach ein paar Minuten bereits weg, es wird empfindlich kalt. Wir schlafen bis zum nächsten Morgen - von Wald- und Nutzgetier unbehelligt - gut.
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